Pflegejungle
Als weitere pflegesoziologischer Einsicht
sei auf die Inkommensurabilität
der Lebenswelt zwischen Pflegekraft
und das pflegerische Subjekt verwiesen.
Insbesondere beim dementiell
veränderten Menschen.
Trifft man sich vor der Tür,
treffen zuerst und aufs heftigste
Parallelwelten aufeinander -
selten findet eine Begegnung
auf Augenhöhe statt.
Der Normalfall zeigt eine
kognitive Dissonanz;
symbolisiert in der Begegnung
eines waschechten Bayern,
der mit ein Fallschirm direkt
in Papua-Neuguinea zwischen
‘primitive’ Ureinwohner landet.
Sprachverständigung gleich NULL.
Dafür das bange beiderseitige Hoffen:
versteht und interpretiert
mein Gegenüber meine ihm
völlig fremde Handlungen,
meine “rätselhafte” Gesten,
meine “unverständliche” Worte etc.
als ein principle of charity
(Prinzip der wohlwollenden Interpretation)
mit Verständlichkeit
und Verständigung als Ziel?
Dann ist “Zukunft Demenz” als symptomaler
Lektüre auf der Zeitreise des
zukunftsgestaltenden Menschen
nachvollziehbar auf beiden Seiten
der Bewertungsskala präsent:
beim pflegerischen Subjekt genauso
wie bei der pflegende Person.
Pflegebabylon
Klar sollte sein, so etwas wie
eine Sprache gibt es nicht.
Begegnungen unterschiedlichste
Bewusstseinträger mit klar
bestimmte, gemeinsame Strukturen,
die beide Benutzer identisch anwenden,
ist illusorisch.
Sprache fungiert vielfach nur als Fahne,
die signalisiert, dass die Verwendung
eines bestimmten, einheitliches Vokabular
wünschenswert wäre -
weil man in einer bestimmten Art
versuchen will, zurechtzukommen.
Nicht nur bei Dementia Care begegnen
sich Schlange und Kaninchen -
trotz intensivsten Augenkontakt,
auf unterschiedlichsten Ebenen.
Sprache kann mit Singsang, Sound Swing
und schlängelnde, swoofende Schwungkraft
ködern, oder mit deftige Dekrete
und dysfunktionale Dispositiven
pflegerische Kobra-Effekte erzielen,
verschlimmbessernde
Pflege-Methodik,
hervorgebracht
mit selbiger Zunge
und gut gemeinter
Zungenschlag.
Kobra-Effekte bezeichnen ein Fehlsteuerung durch ködernde Förderungen, die, so schlau
auch immer erdacht und gemacht, die genau entgegengesetzte Ergebnisse zeigen.
Horst Siebert schrieb dazu ein lesenswertes TB:
Der Kobra-Effekt.
Wie man Irrwege der Wirtschaftspolitik vermeidet.
Bill Bryson in sein "Eine kurze Geschichte
von fast allem" verweist darauf, wie sehr diese
Strategie von uns Besitz zu ergreifen vermag:
der Päläantropologe
Ralph von Koenigswald machte in Java am Fluss Solo
bei Ngandong auf der Suche nach Hominidenknochen
den taktischen Fehler, von den Bewohner
der Gegend 10 Cent zu versprechen für jedes Stück
Hominidenknochen, das sie ihm brachten.
Er musste entsetzt feststellen, dass sie große
Stücke begeistert zerkleinerten,
um ihren Verdienst zu steigern (Bryson, München, 2005, S. 553;
weitere Quellenangaben ebenda)
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