Overprotected Care
Pflege ohne Leerstellen
ist überfürsorglich
und abenteuerlich.
Die Franzosen sprechen von
einem “Schlafenden Polizisten”
wenn sie aufgeworfene
Bodenschwellen
in 30-KM-Zonen beschreiben.
Nimm typischerweise ein ambulante Dienstleister.
Da liefern weistungsabhängige Mitarbeiter wie kaffeabhängige Junkies auf standardisierte
Pflegepfade fix und foxi,
zügig und angemessen
ambulante Pflege.
Gebrechlickeitskompensationskompetenz
die tunlichst ohne Ruckeln und Rütteln
preisgünstig ankommt.
Da hört man klipp und klar:
"Nicht auszudenken,
käme uns >das pflegerische
Subjekt< in die Quere."
Und die Angehörigen?
"Ohne deren >dazwischenreden<
sind wir schneller;
darum schicken wir meistens,
die Leute vor der Tür
wenn wir was tun.
Ist halt so."
Unser Chef ist Auftraggeber
und Boß genug.
Auf permanente Wünsche
von Kunden als Auftraggeber eingehen?
Auf solche Pflegetouren
mit schlafende Hunde,
die unversehens geweckt werden
wie schlafende Polizisten unterwegs:
Da werden Touren zu Tortouren.
So werden wir ausgebremst;
das passt in kein Terminkalender
und auf kein Tourenplan.
Klassische Anbieter werden auf derartige budgetgeregelte
Holper- und Stolperstrecken
gut und gerne verzichten.
Soziale Dramen i.S. Victor Turner
und Umbrüche mit Übergangsriten
in Lebenskrisen finden bei
van Gennep Widerhall
(werden als Schwellen- bzw.
Umwandlungs oder liminale
[Lebens-] Phasen bezeichnet,
(V.Turner, "Vom Ritual zum Theater.
Der Ernst des menschlichen Spiels
Ffm. 2009, S. 36)
findet jedoch in der Nomenklatur
der Gesundheitsindustrie im
Sektor Care und Cure wenig
Gegenliebe:
Durchgangsstationen werden als
theatralische Störaktionen gewertet,
die Pflege- Ab- und Verläufe
auf der Arbeitsbühne im Heim,
im ambulanten Bereich und Klinik
gründlich erschweren, und dazu
flotte Pflegeprozesse unnötige,
'komplizierte' Pflegelogiken
als Ballast aufbürden
Dagegen stemmen sich
selbständig auftretende
Care-Craftsman.
Sie wissen, das viele
Übergangsriten im pflegerische
Ereignisfeld einmalige, irreversible
Ereignisse sind, die oft signifikant
mit ein Raumwechsel wobei das Bett
zum Mikro-Raum und Micro-Kosmos
mutiert. Transitive Pflegeperformance
geht nicht selten einher
mit ein geographische Wechsel
wie Umzug (altersgerecht)
Einzug im Heim -
"Betreutes Wohnen"oder
als Mitglied einer Pflege WG"
Care Craftsman wissend,
nur allzugut, dass innerhalb
systematische Raumfügungen
bei umtriebsame Pflegewelten
als die am höchsten
geschätzte Tugend gilt:
Weisungsabhängige
Normkonformität.
Pflege, wo mehr gepresst
wie gestaltet wird.
In Form gebrachtes Expertentum.
Durch Standards Gegängelt
und "objektiv" Reglementiert
durch Direktiven in ein Direktionsrechtsgeleitete Hilfsystematik.
Das pflegerische Subjekt
als Experte seines eigens Lebens
ist da weder gefragt noch ist
seine Meinung angesagt:
es geht darum die Krankheit
und ihre Folgen abzuhelfen
Nicht darum den Person
zu Helfen sich selbst zu helfen (Selbstbestimmte Selbstarbeit)
“Eigenständigkeit ist überall
am meisten verhasst.
will nicht auf
Wirklichkeit und
das Schöpferische hinaus,
sondern auf Formeln
und Gewohnheiten”
(Ralph Waldo Emerson).
Anhand Standards und Routinen
automatisch gelieferte,
ritualisierte Pflege
“nach Vorschrift,”
entartet rasend schnell
zu overprotected Care.
Opfer Dramaturgien
Die Notwendigkeit, sich dauernd
durch das Ritual zu schützen
und auf das Ritual beziehen zu müssen,
bewirkt, dass auch engagierte,
empathische und motivierte Pflegekräften
sozusagen einer “Ideologie” verfallen -
sie blicken nie bis auf den Grund
der “nackten” Wirklichkeit
und ersetzen “nackte” Tatsachen
immer (wenn auch manchmal im
allerletzten Moment) durch [pflege-]
ideologische Pseudowirklichkeit.
Das Problem besteht darin,
dass der Leerstelle als Indikator
für pflegerisches Handeln,
wie eine Senke im Regen
stets eine Pfütze bildet;
die Leerstelle ist paradoxerweise
immer bestückt und aufgefüllt -
und sei es mit eigenes kuratieren
oder externe Assistenzleistungen,
die Schmalspurpflege und
Voodo-Pflege, mittels
Gebrechlichkeitskompensationskompetenz
in Nursingformat bieten.
Opferdramaturgien -
nicht ohne Zutun des Betroffenen -
verschärfen die Problematik;
das kuriose Phänomen
einer Überversorgung ist meistens
ein unterschwelliger Indiz
für latent vorhandene Überforderung.
Overkill-Care
Mit ritualiserte, übergestülpte
Fürsorglichkeit bezeichnet
die Pflegewissenschaft
ein Zuviel des Guten, des Unnötigen
und des Überflüssigen.
‘Gießkannenpflege’, die bisweilen
gesunde Alltagsbewältigung pathologisiert.
Dann, wenn fixes, statt flexibles Personal
Alltagskompetenzen geschwind
nach schema F übernehmen.
Durch ein zuviel am Guten bzw.
“Overkill-Care,” wird nur erreicht,
dass mühsam eingeübte Fähigkeiten
verkümmern und verloren gehen.
Manchmal bis dahin,
dass das Vollbild einer
(vermeidbarer) vollständiger Pflegefall
sowohl verstört wie imponiert.
Erschüttert, weil im vielschichtigen
pflegerischen Erscheinungsfeld
das komplexes Bild gewollter
Abhängigkeit (“Krankheitsgewinn”;
“Co-Abhängigkeit”;
“Tyrannei der Ohnmacht”)
sich fratzenhaft blicken lässt
und im Pflegeprozess mit Angehörigen
eine ebenso tragende,
wie schwierige Rolle spielt.
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