Team med-ipflege

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Gut aufgehoben

Samstag, 20. Februar 2021

Das Pflegerische Subjekt Teil 45 - Medikalisierung



Medikalisierung


Und ja, die Gesundheitsindustrie
ist der größte Arbeitgeber Deutschlands. 

Ivan Illich, streitbarer Autor
mit Chuzpe und Ausstrahlungskraft,
schrieb seinerzeit 1975 ein Buch:
Die Enteignung der Gesundheit;
fortfolgend, konvivialisierend, 1995:
Die Kritik der Medikalisierung des Lebens.

Genutzt hat das wenig. Institutionen
verstehen sich selbstverständlich
als Teil einer Gesundheitsindustrie,
verkaufen sich auch so, sitzen
gut im Sattel und managen Top-Down
eine Hierarchisch gesteuerte Medizin,
die nichts weniger beansprucht als
diejenige Gesundheitsprofession
zu sein, “who wrote the rules” (Light 1988).

In der Pflege gibt Nursing
statt Caring den Ton an.
Daraus resultierend,
dass bei behandlungspflichtige
Fragilitätserscheinungen

Medikalisierung statt Caring

noch stets eine überragende Bedeutung zugerechnet wird.

Innovationsansinnen werden
mit ein gehöriges Maß an Skepsis begleitet,
was Re:vision bzw.
Reinventive Organizations in einer Gesellschaft der Singularitäten
erschwert - aber nicht verunmöglicht (Buurtzorg). 


Visibilität

Visibilität, sichtbar machen
der Pflegeproblematik und ein
sich selbst sichtbarstellen
des pflegerischen Subjekt ist die Basis
für die beiden wichtigsten
Caring - Institutionen:
die der Verantwortlichkeit (genauer Selbstverantwortlichkeit) und die der Delegation. 

Husserl prägte den Begriff
"Selbstverantwortlich".
Er skizziert damit dem "wunderbaren
Phänomen der Selbstbestimmung".

Sie führt zur radikalen
Verantwortungsethik die als Selbstreform
die Basis bildet für ein selbstbestimmtes
und selbst verantwortetes Leben,
das von der Vernunft geleitet und
Pflege-Ereignisse wahrnimmt
um Vorkomnisse anhand dessen,
was der Fall im vorliegenden (Pflege-) Fall ist,
sinn und sachgerecht anzugehen.

Was Husserl meinte 
(und diesseits zu Eigen gemacht)
lehnt an Locke an:

"Selbstverantwortlichkeit
besitzt in die
[Pflege-] Wissenschaft
Jeder, und zwar genau soviel,
wie er oder sie wirklich erkennt
und erfasst. Was nur auf 
Treu und Glauben angenommen,

[und seien es die schönsten 
Standards, Richtlinien, Doktrinen
und TQM - Bestimmungen]
sind nur Fetzen."

(John Locke "An Essay Concerning
Human Understanding" I 4,23)

Diesseits als reflektive Pflegepraktiker,
seit 2007 mit einer pragmatische
"good-practise-Ansatz" realisiert.



Selbstverantwortlich

Vorgreifend sei betont:
das pflegerische Subjekt
wird hier als Auftraggeber
ein Handlungsprimat gegeben:

Er bettelt nicht und kann aus
den Anbieter JEDERZEIT das
beste Rosinen-Angebot,
nach Gusto und Budget;
aus dem Pflege-Kuchen-Buffet
herauspicken; es sei ihm gegönnt.

Wobei hier der Nachdruck liegt
auf die Fähigkeit
des pflegerischen Subjekt
zur Übertragung / Advocacy
seines pflegerisches Mandat.

Verantwortlichkeit lässt sich
am Beispiel des sündigen Adam
deutlich machen. Er versteckt sich 
in sein Paradies mit sein Manko und
selbstverschuldete Sinnleere.

In Hinblick auf der prinzipielle
Ausschlusskraft [Austreibung aus dem
Healthy-Paradies] wird einen
weiteren Aspekt offenkundig: 


Nuda Veritas

Sich wegen einer Handlung
zu verbergen, darauf kommt nur
[und erst] wer weiß, daß er sichtbar ist,
(Selbsterkenntnis - nuda veritas)

und dadurch mit seiner Tat,
und nackter Hilflosigkeit
im verfolgbaren
Zusammenhang steht.

Noch ist das pflegerische Subjekt
als Sozialfigur online nahezu
unsichtbar - hyperrealistisch - abgeschottet und obendrein weitestgehend “ausgeschaltet.”

Nur pro forma aktuell auf den
politischen und SV-Pflegemonitor
als Nummer und Fall präsent.

Ausgesperrt aus der
sportlich strotzende Community
der Fitten und Fittesten;
Aber als Verbraucher bleibt er
offline erreichbar -
nie ganz und gar “unsichtbar”
nie geht man ganz verloren.

Unsere physiopsychische Gestelltheit
schafft unsere ‚Spur‘ als der
“Täter unserer äußeren Handlungen”

Unsere individuelle Verfolgbarkeit
auf eben dieser proaktiven Spur,
auch wenn damit über Fragen
von Motiv, Gewissen und Moral
noch nichts gesagt ist, und
antriebsarme Leidewegung
als duldsames Handlungsaspekt
und Selbstkasteiung im Einzelfall
oft unterschwellig als
eigendynamischer Prozess
im Vordergrund steht.



Entlastungsstrategien

Worauf es ankommt, ist,
dass diese leibhaft fundierte
“Berufbarkeit und Besprechbarkeit“
die notwendige Bedingung
für die Möglichkeit institutionell
reglementierter Pflegepraktiken darstellt,
die sich nur unter den Prämissen
der „Öffentlichkeit unserer Handlungen“
und „Verantwortung“ wirksam
realisieren lassen.

Gleichzeitig verfügen wir jedoch
über „Entlastungsstrategien,“ um,
mit diesem „Schock der Visibilität“
(Hans Blumenberg) umzugehen.

Eine besonders wichtige
Entlastungsstrategie ist die Delegation.

Denn derjenige, der delegiert,
muß nicht selbst tun,
wofür er dasteht,
er kann es im Mandat abtreten
und kraft der Delegation es so sein lassen,
als ob er es wäre, der es tut
und worum es anderen geht,
daß er es tut. 




Micro-Vertragskonstellationen

Das pflegerische Subjekt vermag
ein Mandat zu übertragen; das ist
ihre “Macht der Ohnmächtigen” -
zu veranlassen was nicht selbst
verrichtet werden kann.
Mit ein [Heim-] Behandlungsvertrag.
Typik: Medikalisierung.


Wahlweise mit umfassendere
Versorgungsvertrag.
Typik: Betreutes Wohnen.

Das sind (mutatis mutandis)
die einfachsten und
zumeist bequemsten Wege.

Der aufwändigeren Weg, bei voller
Souveränität über sein eigenes Handelns, ist die Inanspruchnahme von mehrere Institutionen,

jeweils als Microvertragskonstellation
in juristisch klaren Fahrwasser und das,
im Rahmen eines persönlichen Pflegebudgets;
wobei Case-Management hilfreich,
wenngleich nicht zwingend erforderlich ist.

Das ist auf einer eHealth-Markt machbar. Mit eGA (elektronische Gesundheitsakte) und ePA (elektronische Pflegeakte).

Allerdings leidet die Perspektive einer digitalisierter Pflegeassistenz an ein gravierendes Akzeptanzproblem: Schon auf sozialwissenschaftliche Hochschulniveau ein Riesenthema. So resümiert Prof. Dr. habil. Manfred Cassens Wissenschaftlicher Direktor des ifgs (Institut für Gesundheit & Soziales) 2019, zur Transfertagung „eHealth & Society" dass seit 2016 (Jahr der Gründung des ifgs an der FOM Hochschule München):

"an die provokante Fragestellung >Warum kommt die Digitalisierung nicht im Gesundheitswesen an?< habe sich seit 2017 nichts geändert:" „Deren Beantwortung erscheint – immer noch – nicht gelingen zu wollen, obwohl das eHealth-Gesetz I mittlerweile greift und sich ein Folgegesetz im Erstellungsprozess befindet. Zwar steht der Ausbau der Digitalisierung im Gesundheitswesen auf der Agenda aller Parteien des Deutschen Bundestages, dennoch kennzeichnen vor allem Umsetzungsprobleme und Insellösungen den Alltag in vielen Praxisfeldern der gesundheitlichen Versorgung."

Egal, ob freiberufliche Pflegekraft; oder sonstige Anbieter im Akteuerkollektiv: jeder, der mit SV-Träger abrechnet besitzt (auch als Micropreneur)  ein Institutionskennzeichen

Med-ipflege: 462516768

Genauso, im selben Umfang

wie das größte
deutsche Klinikum,
das Charité in Berlin -

administrative
Ordnung muss sein -

und das ist gut so,
Ein Institutionskennzeichen
funktioniert im Folge als
Startplatz und Brücke
zur digitalen, mobilen Pflegewelt.

Wie KFZ-Kennzeichen fürs
Automobil figuriert (schon seit 1896)

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