Pflege Pattex
Diese Leerstelle wird durch
symptomale Lektüre, Satz um Satz
beschrieben und definiert
wie das “Es” als Ereignis
perzeptiv wahrgenommen und professionell als Setzung des “Es”
zur Darstellung kommt.
Dieses “grammatologisches”
Procedere wird in kongruente
Handlungen übersetzt.
Übersetzt in ein Pflege-Kanon
deren überbrückende “Sprachspiele”
zur Herstellung von Sozialleim dient,
dass Risse im Pflegealltag
zu Kitten vermag und in vulnerable
Situationen nicht nur im
Strukturellen Halt gibt.
Der soziale Leim besteht eigentlich
nur in dem Konsens, das in einer
autopoietisch gesteuerte [Selbst-]
Pflegeorganisation allen Beteiligten
eine Chance zur Selbsterschaffung
zu geben, je nach gegebene
Möglichkeiten, Ressourcen (auch AAL)
und abrufbare Fähigkeiten
(Capability Approach -Nussbaum et al.)
Wenn wir hier Selbstpflege thematisieren
so erstrangig klassisch. Senecas: mei curam ago -
[ich sorge / pflege mich für mich] steht hier
mit sein Panier vorn ins Feld aufgestellt.
Collagen
Anleihen bein Foucauld und Latour
sind deswegen nicht weniger spezifisch.
Leim, Pflegepattex benötigt Caring,
um mit ein ihr eigenen
Verknüpfungstypus
auf dem diskursiven Weg
im Akteurskollektiv ein gemeinsam
begehbaren Behandlungspfad
ausfindig zu machen.
Weniger um ein Architektonik
darzustellen als vielmehr
brauchbare Collagen zu entwerfen,
gemeinsam mit dem pflegerischen
Subjekt, der her als proaktive
Prosument sich auch einbringt.
Der analytische Mehrwert
des Dispositivkonzepts,
die von reflective Practitioner
konsensual im Akteurskollektiv
erzielt werden geben dynamische
Dispositiv-Typologien ab:
generierte Inskriptionen, Passungen
und flexible Zuschreibungen die
als Kernsegmente sich topologisch
gruppieren als immutable Mobiles
und Chamälionkompetenz erheischen.
Weil im Auftrag des pflegerischen Subjekts
Soziale Dramen zu bewältigen sind,
ist ein "surplus" an symbolanalytischer Pflegepräsenz das non plus ultra.
Wenn wir von Pflegepattex reden,
dann nicht um Caring als fiese,
notdürftig verleimte und
kleberige Disziplin zu skizzieren
oder als Kleister um
hübsche Tapeten auf rissige und
mürber Putz und wackelige
Wände aufzubringen.
Pflegerituale sind keine Spiegelungen
oder Ausdrucksformen der
Komponenten einer pflegerische
Sozialstruktur im Sinne, dass,
zwecks Behebung einer Gebrechlichkeit
resp. Unterstützungsbedarf,
das pflegerische Subjekt am besten
gedient wäre mit eine Reihe von
Mechanismen, die als eine
"Art von soziale Allzweckkleber" (Robin Horton)
(Zitiert bei V. Turner, Von Ritual zum Theater, 2009, 131)
dazu dient einer bestens funktionierende
Healthsektor zu fördern.
Instantane Entitäten als Hyper-Güter
Feldforschungen benutzen
zur Darstellung dieser Latoursche
Begrifflichkeit den Ausdruck:
"Dichte Beschreibung" - nach Ryle
und Geertz. Charles Taylor hat hier
in sein Quellen des Selbst darauf
zurecht aufmerksam gemacht
(Ffm. 2018, S. 155) in Verbindung
mit dem von ihm so genannte
BA-Prinzip (Beste Analyse - ähnelt
dem Evidenz Basierte Praxis - EBP).
Sie finden auch hier Eingang.
Nicht von Ungefähr: Pflegepräsenz
figuriert als Symbolanalytiker
Reichsche und Cassirersche Prägung.
Dichte Beschreibung (thick description)
definieren wir als sedimentiert Ausdruck
von pflegerelevante Verhaltensdispositionen
im Umfeld des Micro-Raum "Bett,"
weil ihre Dispositive (Foucault)
wesentlich dazu beitragen, das
pflegerische Subjekt zu konstituieren.
Unter immutable mobiles bzw.
dichte Beschreibungen werden
alsdann auch instantane
intersubjektive Entitäten verstanden,
die als Dispositive Auskunft
darüber geben, was das stille-
oder implizite- bzw. Ereigniswissen
und Situationswissen ausmacht.
Um zu zeigen, wie eng Ereigniswahrnehmung
und dichtes Beschreiben sich in der
obligate Durchgangspunkt der Pflegepraxis
zu eine Einheit (immutable mobiles) als Entität
verdichtet, nehmen wir ein Beispiel
von Geertz:
"Stellen wir uns (...) zwei Knaben vor, die blitzschnell das Lid des rechten Auges bewegen. Beim einen ist es ein ungewolltes Zucken, beim anderen ein heimliches Zeichen an seinen Freund.
Als Bewegungen sind die beiden Bewegungen identisch; vom Standpunkt einer photographischen, »phänomenologischen« Wahrnehmung, die nur sie sieht, ist nicht auszumachen, was Zucken und was Zwinkern war oder ob nicht gar beide gezuckt und gezwinkert haben. Obgleich man ihn nicht photographisch festhalten kann, besteht jedoch ein gewichtiger Unterschied zwischen Zucken und Zwinkern, wie jeder bestätigen wird, der ersteres fatalerweise für letzteres hielt.
Der Zwinkerer teilt etwas mit, und zwar auf ganz präzise und besondere Weise: (1) er richtet sich absichtlich (2) an jemand Bestimmten, (3) um eine bestimmte Nachricht zu übermitteln, (4) und zwar nach einem gesellschaftlich festgelegten Code und (5) ohne dass die übrigen Anwesenden eingeweiht sind. Es ist nicht etwa so (...), dass derjenige, der zwinkert, zwei Dinge tut - sein Augenlid bewegt und zwinkert -, während derjenige der zuckt, nur sein Augenlid bewegt.
Sobald es einen öffentlichen Code gibt, demzufolge das absichtliche Bewegen des Augenlids als geheimes Zeichen gilt, so ist das eben Zwinkern.
Das ist alles, was es dazu zu sagen gibt: ein bisschen Verhalten, ein wenig Kultur und - voilà - eine Gebärde."
Subjektivierungspraktiker
Bio-Macht wird erhält auch im
Caringsektor einen micropolitische
Rahmung, mit Einschließungen und
Ausschlusspraktiken abgelehnter
Zuwendung vom Anbieter oder
abgewiese Angebotene
Entlastungsleistungen seitens
des Nutzers (mag ich nicht, will ich nicht, akzeptiere ich nicht);
Caring ist und bleibt
ein klebriges
Gemische und Gemenge,
strukturieren und disziplinieren,
inclusive micropolitische
Machtpraktiken mit disziplinierendes locken und drohen,
die Institutionen und
Subjektivierungs-Praktiker
miteinander verbinden und verleimen
zu einer verknäulte und
verschachtelte Pflege-Kultur
unter Maßgabe
einer strategischen Funktion.
Pflege-Klebstoffe
Dispositive stellen sozusagen
den kulturellen "Klebstoff" dar
innerhalb des pflegerischen
Ereignisfeldes.
(http://1v.com/wp-content/uploads/2018/07/Dorothy-Effekt.pdf S. 10 Fn. 23; i.V.m. Evans, P.A.L., Management Development as Glue Technology,
in: Human Resource Planning 15 (1992), 85-105)
Es geht um Weisen des
Wissens und der
Handlungsbefähigung,
die nicht ausgehend vom
pflegerischen Subjekt
gedacht werden;
es geht um Netzwerke
heterogener Elemente,
die größere Teile des
Bodenpersonals im Care-Sektor
kulturell divers prägen
und die ihre Mitglieder als solche
allererst konstituieren,
um "eine Wirksamkeit,
die von dislokalen, kontroversen
Momenten ausgeht."
Symbolanalytischer Auftritt
kann als "Modell für"
Veränderungen bei lose Enden
und gelockerte, aufgedröselte
Fäden in der Pflegesituation
konzeptionell vorwegnehmen.
Re:visionäre Caring
vermag modellhaft sogar
ein "Kehre" zu bewirken,
indem es als "Modell von"
attributive Performance,
Umsorge und Daseinsversorgung,
neue Orientierungspunkte
vermittelt und innovative
Behandlungspfade tief im
Bewusstsein, im Herzen
und im Willen des
pflegerische Subjekt verankert.
Caring ist komplex.
Gerade deswegen
universell einsatzfähig wie
Pflegepattex als Kontaktkleber.
Caring schafft nicht nur ein
gut verleimte Zusammenhalt
sondern ist aufgrund ihre
innere multiple Inhaltsstoffe
besten geeignet eine
unendliche Tiefe herzustellen,
die, nach Jakob Böhme (hier tiefsinnig
Meister Eckhard folgte)
"Grund" und "Ungrund"nannte
bzw. Byssos und Abyssos (griechisch).
Byssos bedeutet "Tief" und
Abyssos "jenseits aller Tiefe"
Caring verbindet durch Klebstoff;
sie kommt als instantane intersubjektive
Entität zwingend dazu, ohne selbst
in der Materialstruktur einzugehen.
Unlösbar als Kontaktkleber
verändert sich sich selbst nur
von gelartig klebrig am Anfang,
über weich pastös als Wirkstoff
bis zur ausgehärteten
Bombenfester Halt und Stütze.
Caring gedeiht nur im konjunktiv
und verfügt insofern - wenn es
gut läuft - über Jean Pauls Witz
und Gewitztsein (Ereigniswissen)
die er als Konjekturalbiographie
„als Labetrunk für Bedürftige“ schrieb.
Turner bemerkt zutreffend:
Caring als verbindender und
Wunden heilender Kitt
- als Fixierungs-Set -
funktioniert, mit ihre konjunktivischen
Tiefen der Liminalität nur als ein
transformierendes Selbstopfer.
"Nur auf diese Weise,
durch Destruktion und
Rekonstruktion,
d.h. Transformation,
kann eine authentische
Neuordnung entstehen."
Das strenge NT-Wort: "Wenn ihr
nicht werde wie die Kinder" erhält hier
eine erweiterte, neue Bedeutung:
Wenn bisherige Fixierungs- und
Ordnungsprozesse im Bedarfsfall
nicht aufgegeben werden,
indem der sozialstrukturelle,
pflegepflichtig gewordene Sphäre
nicht temporär aufgegeben wird
und das pflegerische Subjekt
sich nicht auf eine
generalisierte prima materia,
einen Klumpen menschlicher Ton,
reduzieren lässt, kann es
nicht sinnstiftend verwandelt
oder neu geformt werden,
um neue Erfahrungen zu machen.
(Turner, 2009, S. 134)
Signitive Erfassung
Dass Pflege-Pattex als soziale Kitt
und sowohl intrasituativ wie auch
intersubjektiv anwendbar ist,
weil es ausreichend zäh- und
dickflüssiger Konsistenz aufweist,
sei als Präliminarium vorausgestzt:
der teuerwerte Pflegejoker
ist bottom-up am Werke.
Karrieretüchtiger, strebsamer
top-down Pflegepolitik geht
anders zu Werke: kalkulierend und
jonglierend, mit gedroschenes
[pseudo metaphysisches] Stroh,
ewig auf der Personal-Suche
nach Macher und Mucker;
je billiger die Leute
je besser für Heute.
Perfektion?
Fehlanzeige.
So oder so.
Angezeigt wird bestenfalls
ein Pflegepattex-Collage,
gebastelt aus unzählige
gleimte Bruchstücken,
Fetzen, Schnippsel,
Resten, Zuschnitten,
und gebrochen Erzählungen.
Am Ende: Stückwerk,
bestehend aus eine geklebte,
begreifbare verwandelte Realität.
Umformte und umgebaute
Narrativen und Sorgen,
die das pflegerischen Subjekt
ein faszinierende Signatur verleiht
als inperfektes Gesamtbild,
versiegelt mit der Maxime:
“Ich mag das Leben leiden.”
Dennoch
Geklebte und verleimte Pattex-Pflege.
Antifragile Hyper-Realität.
Vogelperspektiven
Präsenzpflege, die den Adler
als Falkner majestätisch,
ohne Leine leitet:
Weltbild mit neuer Blick eines Gut Aufgehoben
in einer Risikogesellschaft,
in der sich das pflegerische Subjekt sich eingelebt als Teil einer
Gesellschaft der Singularitäten.
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