Attributive Pflege
Attributive Pflege weist
einen Labyrinth-Struktur auf,
dem die Ariadnefaden fehlt.
Caring ist auch kein Irr- und Lustgarten
in barocke Manier, die zum
kurzweiligen Vergnügen einlädt
mit diverse, kunstvoll eingebaute
Luxus, die, je mehr “Komplikationen,”
je besser, den Wert des
manieristische Rätsel steigern
Das verschnörkelte pflegerische Labyrinth
trägt nicht das Signatur
“Glashütte A. Lange & Söhne,”
aber hat dafür das Charakteristikum
eines Netzwerks oder Rhizoms
und verläuft mit diverse Varianten
über 1000 Plateaux auf und ab.
Das Rhizom
Attributive Pflegeprozesse
bewegen sich seltenst wie Perlenketten
geschnürt an drahtige Kausalketten entlang.
Gott liebt Adverbien (Joseph Hall)
und Symbolanalytiker Attributive:
"Gott liebt Adverbien und schert
sich nicht darum,
wie gut etwas ist,
sondern darum,
wie wohl es getan ist"
(Charles Taylor, Quellen des Selbst. S. 396)
Halls Aussage steht im
Pflege-Katechismus an
wirklich prominenter Stelle.
Fluren in den Kliniken mögen spiegelblank sein; Pflegeprozesse
verlaufen eher nicht auf
homogene, eindimensional
strukturierter spiegelglatten Ebene ab.
Pflegeplanungen verlaufen eher
in rhizomatische Gangsysteme,
die in alle Dimensionen des zumeist
mehrschichtig aufgestellte
pflegerisches Subjekt wuchert.
Attributive Pflege umgrenzt meistens
keine glatte Fläche sondern weist
vielmehr den Charakter
einer vertiefte Oberfläche auf.
Bei attributiver Ansatz kann
jeder individueller Pflegeverlauf jeweils
vom standardisierten Behandlungspfad
gut und gerne abweichen und in
angemessenere, plausiblere Wege münden.
Das Aneignen sinnvoller Behandlungspfade
die das Verhältnis von Handlung und Handelndem
geben Pflege ihre Bedeutungsfülle zurück,
die sie in dem Maße verlor, wo Pflege sich
selber definierte als Gebrechlichkeitskompensationskompetenz.
Attributive Pflege ist eine Operation, die im
weitesten Sinne des Wortes,
pathos und praxis einschließt,
die Gegenstand der Attribution sind und
aus den unterschiedliche Einschreibungen
(die als Vorkommnisse im pflegerischen Ereignisfeld
wahrgenommen und im pflegerische Memory
[digitales, individuelles und kollektives Gedächtnis]
aufgezeichnet wurden) zu konvivial verwertbare
Zuschreibungen (ascriptionen) wurden
mit der Pflegepraktiker hantieren.
Pflege attributiv zu rahmen (framing)
bedeutet, ihre Transaktionen mit Prädikaten
aufzuladen. Dies geschieht in 3facher Form:
(1) Prädikaten halten Pflegesituation entweder offen
oder sorgen für deren Vollzug
(2) Prädikaten können in zwei unterschiedliche Attributionssituationen die gleiche Bedeutung besitzen
(3)Prädikate bei mehrfacher Attributionsereignisse
ermöglichen den Asymmetrie beizubehalten
und zu wahren zwischen Zuschreibungen an
das Selbst des Prosumenten und Nutzer
der Gig-Economy (self-ascirbable) und
die Zuschreibung an den Anderen, (other-ascribable)
die im pflegerischen Ereignisfeld vorrangig
das Akteurskollektiv umfasst (neben den Angehörigen).
Denn unstrittig werden pflegerische Handlungsfelderaus
unterschiedliche Perspektive auch sehr unterschiedlich
wahrgenommen; das faktische Ereignis,
gepaart mit Verdrängung, Verleugnung,
Verklärung, Verkennung, Verzerrung um nur ein
Handvoll attributive Merkmale, zu nennen,
die das objektiv erfasste Pflegeereigniss zum
subjektiven Spielball denaturalisiert.
In gewisser weise kompensiert
die Attribution operatives pflegerisches Handeln,
bei der die Kompensation darin besteht, einfühlsam
die Attribution an jemanden in der Schwebe zu halten,
und zwar allein deshalb, um den so
attributiv zurückgehaltene psychischen
Prädikaten einen stabilen deskriptiven Gehalt zu geben.
(Nach P.Strawson in Paul Ricoeur, Gedächtnis, Geschichte, Vergessen, München 2004 S. 195)
Pflege-Universum
Attributive Caring ist atopisch strukturiert
und besitzt weder Zentrum
noch Peripherie; ihr labyrinthisches
Geflecht ist endlos mit ein endlos
wuchernde Binnenraum.
Eine Pflege-Monadologie,
die weder innen noch außen kennt,
noch Fenster die das Pflege-Universum
von innen beleuchten oder
von außen dem Martial-Scientist
Perspektive erlauben.
Wird Caring keine temporär gestreckte
Wegbeschreibung zugewiesen,
engmaschig versehen mit
richtungsweisende Hinweisschilder
auf ihre stationäre Trajektorien
(das Übliche im normalen Pflegebetrieb)
dann bleibt nur noch das Modell
übrig, die Caring als Projekt
des pflegerische Subjekt versteht
und persönlich modellhaft realisiert.
Pflege Pfeilschnell
Das pflegerische Labyrinth
als zielorientierte Prozess besteht
aus eine Reihe von Intervallen
bei der “der fliegende Pfeil ruht.”
Schwäbisch und bajuwarisch gesagt
"Mach fei g'schwind langsam" -
a rechta Chrischt langsam thuat"
Pflegeprojekte und Pflegemodelle
ergeben sich aus extrahierte Realitäten und Irreales Pflege-Phänomenen mit
infinitesimale Teilungen, die
überwiegend das meist dämmrige
pflegerische Ereignisfeld bestimmen.
Aufgezeichnet als kommunikative,
sukzessive, pflegerelevante
Zuschreibungen.
Skizzierte Handlungsverläufe,
EBP signierte, plausible Präsuppositionen
die abschnittsweise untergliedert
werden in kleine Alltagsschritten
und diese wiederum in oft noch
kleinere Parkinsonsch Trippelschritten.
Letztlich beschreibt attributive Caring
ein unendliches pflegerisches
Interpolationsprozess
mit ein beliebig fortsetzbare
Intervallidierung des pflegerischen
Kontinuums - sofern Heilung
bei akutem Pflegebedarf den
Pflegeprozess nicht limitiert.
Monströse Oszillation
Attributive Caring erhält,
als Pflegeprozess, aufgrund ihr Interpolationsprozesse
(nicht ganz zu Unrecht) das Gepräge einer
“monströsen Oszillation,”
Attributive Pflege ist nicht
wie ein Pralinenschachtel klar
und verführersich figuriert.
Pflege (Care) verhält sich
eher deckungsgleich mit ein
diffuses mathematisches Modell
mit (für Außenstehenden)
völlig "unverständliche Formelkram."
Bei gut durchkalkulierte und passender
Pflegepräsenz gilt: die Vektoren,
Attraktoren und fraktale Funktionen
können nur als unstete Inskriptionen
wahrgenommen und berechnet
werden, als Vagheiten.
Oder, wie der Kybernetiker
Norbert Wiener es formulierte:
als “nowher differentiable functions.”
(Nirgends differenzierbare Funktionen)
Für pragmatische Symbolanalytiker
sind monströse pflegerische Modelle nicht
weniger Chaotisch und seltsam
wie Lorentz-Attraktoren aufgebaut,
was jedoch nicht hindert, capable EBP-
Vorhersagen zur Wechselfälligkeit zu
wagen, anhand elementare
Pflege-Meteorologien und exakt
erworbene Daten zur situativen
Gut- oder Schlecht-Wetterlage at bedside.
Pflege-Meteorologie
Attributive Caring weiß darum,
eine irritierende, zersetzende
Beikömmlichkeit zu sein.
Von wegen "Schön-Wetter-Macherei"
“Es” ist das Andere, dass das
pflegerische Subjekt wuchernd
und metastasierend im organischem
Gefüge seiner sozialen Beziehungen erlebt.
Lückenreißererfahrungen tauchen
aus dem Nichts auf und zerstören
Gesellschafts- und Alltagsstrukturen,
obwohl, oder weil (?!) “Es” [nur] eine
inkommensurable Leerstelle darstellt.
Sie ruft zwar “eine vernünftige Schätzung
unsere lebendig Kräfte” (Immanuel Kant)
hervor aber bleibt dabei doch
durch und durch inkommensurabel.
Pflege-Katalog
Niemand vermag ein Fusselchen
der unheiligen Trinität, noch einen
Prise von Corona und Demenz
mit der Pinzette einer [Pflege-]
Wissenschaft aufzugreifen -
pflegerische Entitäten “immateriell.”
Attributive Pflege wiegt sich dann
auch eher als denken,
das sich durchweg als Deutung
darstellt; Stellung beziehend
driftend auf den Wellen des Chaos.
Wogendenes Schilfrohr,
stets hin und her wankend und geworfen.
Vom Winde verweht und ebenso
fragil wie volatil dynamisiert
nach Pascalschem Muster,
(Der Mensch ist ein denkendes Schilfrohr“)
Pascal statt Platon. Kurs haltendes
wogendes Schilf statt fixiert
auf ein [Meta-] Physischer
Standpunkte und auf statisch stabile
Sockel aufgepropft
wie aufgepflanzte Fählein,
wetterwendisch flatternd,
bei unverrückbarer,
statuenhafter Positionsbestimmungen.
Unsichtbar und unscheinbar, so dass auch
[Pflege-] Experten scheitern bei
der Versuch, die subtraktive “Leerstelle”
im Gefüge unsere rätselhafte Normalität
geschickt mit ein Kniff herauszugreifen
und in ein anschauliches, passendes
Schächtelchen zu präsentieren;
ihre Isomorphien sind und bleiben
Abschattungen einer
diesseitige Schattenwelt.
Gegebenheiten pflegerische
Teilwelten sind selten so spektakulär
aufgemacht wie knallbunte Urlaub- und Werbeprospekte
oder präsentieren sich als
umfassender Pflege-Katalog:
“Schaut her:
dat isses,
da musse hin,
da musse gucken,
so isses.”
Herr der Pflege
Attributive Pflege erinnert an Film
und ist großes Kino.
Die Beziehung zwischen der Kontinuität
des im obligaten pflegerischen
Durchgangspunkt (OPP - durée)
erfasste Pflege-Ereignis und der
Diskontinuität unserer Wahrnehmung
erinnert an den Film als Film.
Auch ohne Zelluloid besteht der Film
aus einer Serie von unbewegten Bildern.
Diese rasende Abfolge der Bilder
imitieren wirkliche Bewegung.
Der Mechanismus des Films ist
mithin unserem gewöhnlichen
Wahrnehmungsprozess at bedside
analog, ja er reflektiert ihn.
Dieser Prozess besteht darin,
aus allen Eigenbewegungen und
aller Figuren eine unpersönliche,
abstrakte und einfache Bewegung
herauszulösen. Inskriptionen
und Zuschreibungen im Pflegeprozess
sind sozusagen die Bewegung überhaupt,
die als Uno-Actu-Handlungen
in Erscheinung treten.
Pflege-Kinematographie
Der Kunstgriff des Kinematographen
besteht darin diese Bewegung
im Apparat als Drama, als Krimi,
als Story niederzulegen
und sie per TV, Kino,
oder Youtube etc. dem Publikum
zur Verfügung zu stellen.
Pflege-Kunst setzt die Individualität
jeder Einzelbewegung zusammen, die
sie als symptomaler Lektüre in
Einzelbilder gelesen und
intern abgespeichert hat.
Pflegekunst ist - oder sollte (Prof. Angelika Zeglin BGW-Fachtagung 23.03.2021)
Storrytelling sein,
ausgeformt und aufgespielt
als individuell auf der Arbeitsbühne gestaltete Öffentlichkeitsarbeit
So rekonstruiert Caring beim pflegerischen
Subjekt aus anamnestisch erhobene
“anonymen” Daten, Worten,
Gesten und Bewegungen jene
persönlich Zuschnitt,
über erforderliche und
kongruente Pflege-Bedarf.
Diese filmreife Kunstgriff
unseres Erkennens. ist das Narrativ,
von der Pflegepräsenz lebt.
Ob es sich nun darum handle,
das Werden und Wachsen,
das Heilen und Gesunden
zu denken, auszudrücken, abzuhelfen,
zu begleiten oder professionell
zu unterstützen wir tun nichts weiter,
als einen inneren Kinematographen
in Tätigkeit zu setzen.
Derart also, dass alles vorhergehende sich
in Bergsons Worten (1912) zusammenfasst:
Der Mechanismus unseres
gewöhnlichen Denkens ist
kinematographischen Wesens.
Auf dieselbe Weise
«verfährt auch die moderne
Pflege-Wissenschaft nach der
kinematographischen Methode.
Denn zum Wesen der Wissenschaft
nämlich gehört Handhabung von Zeichen,
die sie an Stelle der Gegenstände
selbst setzt»
Diese Zeichen geben «eine starre Ansicht
der Wirklichkeit unter festgelegter Form»
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