Unvernehmen
Trotz - oder eigentlicher - aufgrund seiner
“Macht der Ohnmächtigen” (Edzard Schaper)
verfügt das pflegerische Subjekt über einen
normative Vorteil, die wir auch
als Vor-Recht definieren.
Praktisch gesehen
wirkt sich dieses Vor-Recht aus
in dem Befugnis,
auch in den ausweglosesten Situation
ein “Unvernehmen” geltend machen zu können,
in ein unaufhebbares Vor-Recht,
Nichts_über_sich_ergehen_lassen_zu_müssen.
Dieser pointierte Autonomie
des pflegerischen Subjekts adaptiert
an unsere liberale Demokratie.
Indem es sein Autonomie nicht von
theoretischen Grundlagen herleitet,
sondern primär als Lebensform versteht
die es im universellen Diskurs erkämpft:
Lebensform als Gabe und Aufgabe.
Neuerdings weist das Wort
von der “kommenden Demokratie”,
das von Jacques Derrida geprägt wurde,
auf dieses existentielle Moment hin.
Dies hat zur Folge,
dass wir zuversichtlich sein können
über den Ausgang dieses Experiments
einer kommenden, selbstbestimmter Zukunft.
Ein selbstwirksam mit-gestalteter Zukunft,
der proaktiv die Freiheit
einer individualisierte Daseinsversorgung
ernst nimmt, indem er die frei Pflegewahl
(in seinem Fall "Casemanagement")
als "die Sache bei der Sache" durchbuchstabiert
als schlechthinniger "Fall dass der Fall ist".
Sein Fall zählt - als Unvernehmen,
das sich aufbäumt gegenüber
einer ebenso fatalistische
wie bequeme, einvernehmliche Systempflege:
raschelten genug Münzen
durch den Beitragsschlitz im Pflegeautomat,
kann das wahlfreie Pflegeprodukt
aus den Schublade gezogen werden.
Hurra, wir verfügen über ein
Medizinalsierung unsere Pflege.
Niemand kommt zu Kurz,
weil Jeder das Gleiche Produkt
erhält, wenn er sein täglicher
Pflegebedarf als Leistungspaket
aus "seiner" Schublade zieht.
Nicht mehr - nicht weniger.
Das systematische Vorhalten der
Medizinal- produkte und -Leistungen
ist für Allen Sichtbar eingepreist
hinter verlockend designter Glasscheibe.
Zupackender Caring
ist deshalb möglich,
weil unsere Demokratie
über Ressourcen verfügt - zur souveräne Wahlfreiheit und selbstbestimmte Steuerung der Umfang gewünschter udn gewollter / ungewollter Pflege
Kapazitäten sind da und z.T. normiert auch wenn die z.T. erst noch
aktiviert werden müssen,
zum Beispiel persönliches Pflegebudget,
digitale Pflegeakte, digitale Gesundheitsakte etc.
Unsägliches
Caring schafft das.
Wiederkehrende Krisen,
egal ob global oder lokal,
wie politisch bedrohlicher Totalitarismus,
oder behandlungspflichtiger
pandemische Corona-Krisen,
oder im Hinblick auf mögliche
biotechnologische, zukünftiger Bedrohung:
Krisen fordern und fördern.
Schumpeter prägte hier den Begriff
einer kreative, schöpferische
Zerstörung (Disruption).
Umbrüche - auch unleidliche -
fördern uns - bis ins Klein-Klein.
"Durch Leiden tun" - Hebbel zugeschrieben - hat, nach Ansicht von José Ortega y Gasset
("Was ist Philosophie, München, 1968, S. 117)
eine typische Durchsetzungskraft. Eine feminine (weibliche / mütterliche) Wurzel;
nicht das kämpferische, streitbare männliche,
sondern das im Nachgeben und Einwilligen
situierte Steuerung eines erfüllten Lebens,
mit eigenwilliger, sanfter, integierter Wille zur Machtentfaltung bringt sie
das prägende Element hervor, die der
Pflegekraft zum Prägekraft avanciert.
Aufgezwungene Perspektivwechsel
ermutigen uns erneut mit Löwenmut die
Verteidigung der unverletzlichen Würde
in Angriff zu nehmen und der Achtung,
die wir jedem Menschen schulden
neu auf begehbaren Pfaden anzubahnen.
Kreativ Krisen als Care-Craftsman
begegnen, konstituiert und realisiert
erst das pflegerischen Subjekts,
der sowohl in, wie nach
existentiellen Krisen DENNOCH
zu sagen weiß, ohne ein heroische Ergebenheit i.S. eine vorverordnete Gleichschritt nach dem Motto "Kraft durch Freude" oder fatalistisches, dreingeschickter "Euphorie im Unglück": vielmehr mit Viktor Frankls sehr lesenswerte Ansatz:
Arg krumm sind die Wege
zum konkreten Menschen.
Wir müssen manchmal
bis auf den Abgrund
des Elends fallen,
um die Wahrheit zu begreifen -
erst auf dem Grund des Brunnens
sieht man die Sternen.
"Minimalistische" und "autopoietische"
Notprogramme werden benötigt
um das positivste und maximal möglichste
Programm zu generieren:
das autonome pflegerische Subjekt.
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