Pflegerische Ontologie
Die Spur zur pflegerische Ontologie
liegt beim pflegerischen Subjekt
in seiner Pflegegeschichte
zwiebelschichtig (enkaptisch)
verdeckt eingefaltet und
legt die komplexe Struktur
des pflegerischen Ereignis frei.
Denn genaugenommen
besteht das Ereignis aus zwei
verschiedenen Teilen oder Zeiten,
die zusammengehören
und doch völlig unähnlich sind.
Das Realfaktische
Auf der einen Seite (1)
dass, was passiert,
zustößt,
getan und
erlitten wird,
und sich zeigt
in Dingen und Sachverhalten
als instantane
intersubjektive Entitäten.
Vorzeigbar als
Entitäten verdinglichen
und verkörpern
Ereignisse
als Verkettungen
von Begebenheiten und
pflegeweltliche Friktionen
und Konflikte.
Der Schleier des Gegebenen
Auf der andere Seite (2)
liegt etwas,
das in den Daten und
Umständen nicht aufgeht
und seiner Aktualisierung entkommt.
Hier versammelt sich eine
achronische Zeit
mit einer Topologie
jenseits der geschehende Gegenwart,
hier öffnet sich eine leere Zeit,
in der die verschiedenen
Qualitäten, Merkmale und
Aktionen gleichzeitig und
widerspruchlos insistieren.
Devoir de situation
Die Gegenwart, die als
mobiler Jetztpunkt vergeht,
und die pflegerisch Handelnden
in Gestalt des pflegerisches Subjekt
betrifft, übersteigt sich,
hin zu einer Achronie,
die das Pflegeereignis
in seiner unausgetandenden
Mannigfaltigkeit enthält.
Das ist die Devise der achronische
oder, in Schillers (Wallenstein)
Terminus Technikus
“Ist der große Schritt
Nur erst getan,
So wird der
Ihn weiter schon
und weiter führen.”
Denn, wo von zwei gewissen Übeln
eins Ergriffen werden muß,
wo sich das Herz
Nicht ganz zurückbringt
aus dem Streit der Pflichten,
Da ist es Wohltat,
keine Wahl zu haben,
Und eine Gunst ist
die Notwendigkeit.
– Die ist vorhanden.
Es kann dir nichts mehr helfen.
Das uns Gegebene als das uns Aufgegebene verstehen.
Selfenacting besonders als pflegerische Aufgabe
und Selbstarbeit (Andrick) im Hinblick
auf der Verkörperung (Embodiment) eines
auf interagentielle Enaktivismus basierende Verständnis
von [Eigen-] Zeitlichkeit und Intersubjektivität
intraaktiv zu erfassen und zu bewältigen gehört
zu den phänomenologische Grundgegebene
die sich Dessen eingedenk:
unsere Moderne ist periechontologisch verankert.
Sie ist alles andere als ein mechanisch Gemachtes.
Das pflegerische Ereignisfeld ist nicht als ein
Fußballfeld zu definieren wo das Schicksal
hart und entschieden auf ein schillernd bunter Spielball
tritt um zu ein imaginäres Tor zu erzielen.
Noch ist es ein deterministisch Überkommene, was
als Film ungefragt in unser Lebenskino abgespult wird,
bei der irgendwann ein uns bekannter oder
unbekannter Regiseur nach Drehbuch und Laune
ein magische oder sportliche Story auf der Leinwand zauberte.
Unser Leben ist Gabe und Aufgabe,
was wir selber wirkmächtig, effektiv und effizient zu gestalten vermögen, auch dann, wenn ein "ich mag das Leben leiden"
(V. Frankl) als Quintessenz einer Bewältigungstruktur
mit Ächszen und Mühen mehr gelispelt
wie gesungen wird; das erste Schreien des Babys
vermochte nur so, nach dem ersten Atemzug
auf sich und seiner Pflegewelt in seiner Mikroraum
der Wiege als Sozial- und Lebensraum
aufmerksam zu machen;
vielfach wird am Lebensende nur selten beim
letzten Atemzug Verdeutlichtes vernommen.
Selbsterlangung
Als Schlussatz sei auf Michel Henry verwiesen,
der in sein Buch: L'essence de la manifestation - Dt.
"Das Wesen des In- Erscheinung-Tretens" auf ein
"Sich-Selbst-Erleiden" hinweist, unter den Leitsatz:
"Das Sein, die Affektivität ist wesenhaft Leiden." ...
"Das die [pflegesensible] Existenz sich als ursprünglich
leidend enthüllt, hängt nicht von der Tatsache ab,
dass sie unberechtigt und ungegründet da ist,
sondern von der Natur ihres Grundes,
das Pathetische des Absoluten
liegt nicht in seiner Kontingenz, sondern in seinem Wesen.
Da das Pathetische des Absoluten in seinem Wesen als
dessen innerste Möglichkeit liegt und das Leiden im Sein,
als das, was sich ursprünglich im <Sich-selbst-Erleiden>
phänomenalisiert, durch das es [als pflegerisches Subjekt]
konstituiert wird, hängt, was sich so [auf dem
pflegerischen Ereignisfeld] phänomenalisiert, [intrasituativ]
von nichts anderem als dem Sein ab,
dem Absoluten und seiner
universalen Struktur" - in die er / sie als pflegerisches
Subjekt figuriert, agiert und reagiert - sie macht
"Das [schlechthinnige] Wesen der Affektivität aus." ...
"Denn was sich in der Ohnmacht des Leidens verwirklicht
ist das Leid, ist das Sich-selbst-gegeben-Sein des Gefühls,
sein An-sich-gefesselt-Sein in der vollkommmenen
Verhaftung der Identität und in dieser vollkommenen
Verhaftung an sich selbst, in der Selbsterlangung,
im Werden und Aufkommen des Gefühls in sich selbst
beim Genusse dessen, was ist,
ist Genuss, ist Freude."
M.Henry, ebenda, § 70 Seite 772 ff.
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