Team med-ipflege

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Gut aufgehoben

Montag, 11. Januar 2021

Das Pflegerische Subjekt Teil 26 [a] - Negative Anthropologie




Negative Anthropologie


Caring ist beladen.
Belastet mit einer Spielart aus
"Playstation" und "Pflegestation."
Spaßfaktor und Leidensdruck.
Getitelt: Negative Anthropologie. 

Negativ nicht als Desaster. Ein Desaster - wozu jede Pflegeereignis werden kann - trägt mitunter auch heilsame Früchte, wenngleich der toxische Wurzelstock schlicht ungenießbar ist -
wie Maurice Blanchot es beschrieb:

Das Desaster ruiniert „alles“ und läßt doch „alle“ bestehen. 
Es trifft nicht den einen oder den anderen,
„ich“ werde nicht von ihm bedroht.
In dem Maße, wie mich (weil verschont, beiseite gelassen)
das Desaster bedroht, bedroht es in mir das,
was außer mir ist, einen Anderen als mich,
der ich, passiv, ein Anderer werde.
Man wird vom Desaster nicht getroffen.
Außer Reichweite ist der, den es bedroht,
man kann nicht einmal sagen, 
ob von nah oder fern –
das Unendliche der Bedrohung hat in gewisser Weise
jede Begrenzung durchbrochen.
Wir stehen am Rand des Desasters,
ohne daß wir es in der Zukunft verorten könnten,
es ist vielmehr immer schon vergangen,
und trotzdem stehen wir am Rand
oder unter der Androhung – alles Formulierungen,
die die Zukunft einbezögen,
wäre das Desaster nicht das, was nie kommt,
was jede Ankunft verweigert hat.

Das Desaster denken (wenn das möglich ist,
und es ist in dem Maß nicht möglich,
wie wir ahnen, daß das Desaster „das Denken“ ist),
heißt, keine Zukunft mehr zu haben,
um es überhaupt zu denken.

Nein, was wir als "Negativ" konnotieren, benutzen wir als Aiusdruck
in Anlehnung an Nicolaus Cues 
Begrifflichkeit einer
negative Theologie.
Oder - wer's gerne modern mag:
an den negativen Befund
einer Corona-Test: dort ist
das neg. Ergebnis ein
positives Signal: der getestete Person ist nicht infiziert!

Negativität ist Schicksal und 
notwendigerweise einzig praxeologisch 
legitim zulässiger Perspektive.
Dann und darum, wenn es negativ gelingt,
dass das pflegepflichtige Ereigniss
erträglicher wird, temporär
verschwindet oder für immer durch permanenter Abwesenheit glänzt. Kurz:
Das Gute als Abwesenheit des Bösen.

Nur diese Blickwinkel ermöglicht
effektive Pflegepräsenz, sich effizient,
wirkmächtig und transitiv als Lückenfüller
und Leerstellenlöscher
zu Präsentieren. 

Mit Micro-Pflege als
Quartierpflegekraft am Markt.

Mit ein Auftritt bei der das pflegerischen
Subjekt der absolute Gewinner ist,
wenn er das Label “Prosumer” zu
akzeptieren und zu realisieren vermag.


 
Lückenfüller

Caring findet stets intrasituativ
statt. Spontan. Mit eigener Signalsprache.
Intrasituativ und Intesubjektiv
Ihr Platz ist die einer unbestimmte Lücke.

Von den Dichter Friedrich Schiller 
als eine “Bestimmung aus Überschuss, 
als eine erfüllte Unendlichkeit definiert. 

Weil diese Lücke nicht einseitig in 
Entweder/Oder Konstellation
vorbestimmt ist, erscheint sie
schrankenlos.

Das pflegerische Ereignisfeld lässt sich
nur selten im Modus Entweder so
oder so und nicht anders beschreiben oder
“exklusiv” und ausschließend bestimmen. 

Und das heißt: Sie kann alle mögliche
Bestimmungen at bedside umfassen, 
ohne dass eine einzelne davon
exklusiv und definitiv "auf ewig" ausgewählt 
und favorisiert wird. 

Sie ist schrankenlos, weil “unendlich”
bestimmt - also sein “Zustand höchster Realität.” 
In der infinitiven, das Raum-Zeitliche
übergreifender pflegerischer Erscheinungswelt
operiert dieser Zustand als Unterbrechung, 
als Lücke oder NULL, wie Schiller sagt, 
weil er jede bestimmte Wirkung aussetzt 
und jede Begrenzung annuliert. 

Der pflegerisch kalibrierte NULL-Linie
hat den Tendenz, den Wechsel der Zeiten, 
hinsichtlich dessen, was DRAN ist, 
anzuhalten und sich “in eine größere Fläche” 
auszubreiten, als anachronische Dauer, 
gebannt und eingespannt in ein dynamische,
konvivial austarierter OODA-Looping. 




Pflege-Räume

Pflegehandlungen mit ihre Typik einer
anachronische Dauer existiert durch 
Wahrnehmung einer reine Gegenwart 
bei und während ihre uno-actio-Handlungen. 

Oder, wenn man lieber will, 
Pflegehandlungen vollziehen sich in einer 
Simultaneität bei der die äußeren Dinge 
gewiß der Veränderung unterworfen sind,
aber nur für ein observierendes Bewußtsein, 
das sich ihrer erinnert. 

Pflegebeobachtung vermag die intrasituative 
Dauer des pflegerischen Momentes, 
bei der ihre inhärente Momente einander 
sukzedieren als Inskriptionen zu erfassen. 
Indem persönliche Pflegepräsenz außerhalb 
seiner bewusster Selbstwahrnehmung 
in einem gegebenen Augenblicke (OPP) ein 
Ganzes simultaner Stellungen beobachtet. 

Im Normalfall sind von den vorangegangenen
Simultaneitäten beim pflegerischen Subjekt 
keine Rillen, Furchen oder Spuren vorhanden. 
Die “Dauer” in diesen punktuellen “Raum” 
einer obligaten passageren Durchgangspunkt 
verlegen heißt, durch einen echten Widerspruch,
oder, genauer gesagt ein “Unvernehmen” 
(Jacques Rancières) ins Spiel bringen,
die die Sukzession des empirischen Pflegephänomen 
mitten in die Simultaneität hinein verpflanzt. 



Wahrnehmung

Wenn es um “lückenhafte” Wahrnehmung geht
(und um erfassen dessen was fehlt geht es ja), 
sollte der Pflegekraft nicht sagen, 
dass die äußeren Dinge dauern. 

Auf das Pflegephänomen kommt es an.
Deshalb sollte sich der Pflegekraft
sich damit nicht aufhalten,
Tatsachen zu strecken und als
Pflegeprozess zu konstituieren:
"das alles ist äußerlich.
Die Dinge dauern."

“Löchrige” Pflege-Ereignisse mit Armbanduhr 
und Zollstock messen, oder, aufgemotzt
mit Monitoring, Smartwatch und
sonstige digitale AAL-Techniken kommt zu kurz.  
Vielmehr gilt das Parameter einer
nicht auszudrückender Grund, die in der
pflegerische Situation irgendwie vorhanden ist, 
aus dem wir sie jedoch nicht in sukzessiven
Momenten eine Dauer oder Länge 
zu betrachten vermögen, ohne an ihnen 
eine Veränderung zu konstatieren. 

Dieses unvernehmlich festgestellte Dauer
in Veränderungszustände (z.B. Fieber-Schub) 
schließt im übrigen keine Sukzession ein, 
wenn man nicht das Wort in einem neuen 
Sinne nimmt.

Trennscharf sollte hinsichtlich der Dauer
beachtet und unterschieden werden, 
dass abgelaufene pflegerische Ereignisse 
(jenseits des OPP) bestimmbar,
jedoch ablaufende Vorkommnisse 
nur behutsam und auxiliär (als Hilfskonstrukt)
anhand implizites, stilles bzw. Vermutungswissen
ausdifferenziert werden kann. 


Allerdings ist zu betonen, im Unterschied
zur bloßen und leeren Unbestimmtheit,
dass Caring nicht zwingend zögerlich
und zaudernd als Aktionsallergie abläuft.

Uno-Actu-Handlungen vollziehen  sich im
entscheidenden Moment als kommunikatives
Handeln mit eine aktive Bestimmbarkeit
und mit  eine fortlaufende, iterative Setzung,
anhand observierte und organisierte
Gegebenheiten und Bestimmungen,
deren Devoir de Situation (erzwungen)
ein Gedränge (Archebasin) von Möglichkeiten
Zurhand gibt. Hier wird bewußt angeknüpft
an Cicero's de officiis - was weder eine Abhandlung
über das Gute oder die Pflicht in Absolutum,
noch über rechtliche Ge- oder Verbote, sondern,
eine Schrift übr das devoir de situation, über das,
was in einer bestimmten Situation ein
angemessenes Verhalten darstellt, besonders
vor dem Hintergrund der sozialen Stellung
des Handelnden.

Dergestalt wird ein internes Schwanken
sowohl hergestellt (Was ist DRAN)
wie auch im nächsten Schritt vernichtet.

Das Pflegephänomen lässt sich noch weiter differenzieren - was im Zuge einer Verortung
in der Pflegepraxis des pflegerischen Subjekts wie folgt - nach M. Henry beschreiben lässt: "Das Wesen der reine Pflegephänomenalität
ist etwas anderes als deren Tatsächlichkeit. Insofern das Wesen der Phänomenalität etwas anderes ist als deren Tatsächlichkeit,
findet es in dieser vielemehr seine eigene Aufhebung - realisiert im instantane,
intersubjetive Uno-Actu-Handlungen, die Pflegepräsenz im Modus des GUT AUGEHOBEN als Entitäten realsieren. Die Zweckbestimmung
lässt das Wesen der Handlung in Erscheinung treten,
und ist im Kern seine Wahrheit. Insofern es sich nicht mit dem tatsächlichen
pflegephänomenologischen Inhalt der
angepeilte Zweckbestimmung deckt,
ist ihm die wesentliche Wahrheit dieses implizite
mitdachten Inhalts fremd; auf dieses bezogen ist es vielmehr die Unwahrheit. Diese Unwahrheit des Wesens verbirgt sich schließlich in der Wahrheit der tatsächlichen Phänomenalität. Diese gibt sich als die Wahrheit des Wesens aus - ohne es zu sein. Die Wahrheit des Wesens pflegesensibler Präsenz
ist aber die Unwahrheit seiner Unwahrheit; ihre
wesentliche Bestimmung ist das Rätsel. Dieses Pflegephänomen mit ihre ganze Rätselhaftigkeit sinnlich auftretende Erscheinungsbilder in der Pflegewelt fasste Sören Kierkegaard fein zusammen unter
Verweis auf antike, griechische, skulpturale Plastiken. Der Skulptur ist "Schein" des vom Künstler ideell gedachte
und zeitgleich in Marmor für die Ewigkeit herausgemeißelte "Erscheinung" - bei der in ihr das, was im Stein da steht
und faktisch erscheint auf das verweist, was nicht erscheint.
Ihre Bedeutung entfalten Skulpturen im Rätselhaften,
was bei der Lakoongruppe gilt - und, nicht zuletzt auch in der Renaissance beim Michelangelos Mose,
mit ausführliche, an Goethe entlehnter Hermeneutik
des Rätselhaften, verewigt im unfassbar faszinierenden, phänomenalen Marmorgewerk.





Nexus und Plexus

Einzelne Pflegemaßnahmen unterliegen 
ein Scrum-Prozess in der jede
Bestimmung durch eine weitere
aufgehalten und blockiert wird,
was eine dynamische
Gegenläufigkeit der Kräfte ergibt.

Nexus leitet sich ab vom lateinische nectere.
Das bedeutet: binden - "Band" - verbändeln.
(Sieh u.A. Mauss, "Die Gabe" S. 123).

Sooft die Nerven des Sonnengeflecht
im pflegerischen Ereignisfeld getriggert wird
werden mit iterative Schritte
neue zielführende Verbindungen aufgebaut
analog wie alte, zwecklos gewordene
Handlungsbahnen aufgegeben und
sinnlose Pflegekonstrukte zerstört werden;
diese Inovationsschübe sind konvulsiv
strukturiert und so selten wie eigentlich
nie an Kausalketten auf ein
pflegerische Webstuhl aufgespannt
um am Schnürchen aufgereiht
zwangsläufig im Pflegeprozess abzulaufen. Der Lenkungsrolle passt bei ein
Transmisionsriemen als Antrieb,
das Ventil bei fließend gesteuerte
Arbeitsprozesse - aber eben nicht bei
effektiv und effizienter Auftritt
selbständiger Pflegepräsenz.

Das pflegerische Nexus und Plexus
im weitesten Sinne ein symbolanalytisch
verwertbarer Reverenz bietet
zu ein variabel ausgestaltbare "Kuhhandel,"
sooft die Quellenlage Römischen Rechts
bemüht werden, stellte Marcel Mauss fein heraus
(Ebenda, Ffm. 1990 S. 122 [Fn.]).

Scrum-Prozesse fließen Sprunghaft,
ungestüm aufbrausend
und beeindruckend wuchtig.
Ein Springbrunnen an Optionen,
mit Kaskaden vielschichtige Möglichkeiten,
deren innere Fontäne mit milliarden
dicht gedränger Tropfen hinauf strömen
als faszinierende 
wirkmächtige Säule

dem Himmel entgegen. 




Herr der Pflege

Die aufbrausende Fließrichtung
in vorwärts strebenden Pflegeprozessen 
treibt prinzipiell in Richtung Paradies.

Pflege-Helden streben aufwärts.

Die Fontänen ihre Kräfte im
fließenden Pflegeprozess verlieren
sich nur selten im Orkus höllentiefe
Schlunden in der Nähe unstillbaren Orks
oder verlieren sich im Fluss der
infinitive Nichtigkeiten um dort als
plumpsender Stein plumb zu versenken.

Der Psychoanalytiker Jacques Lacan
verpackte, fast philosophisch,
seine Aussagen zum 
[pflegerischen] Subjekt sehr feinsinnig 
zusammen in sein Formel:
 “Das [pflegerische] Subjekt ist 
<transzendental> weil es mit der 
[nur negative, anthropologische]
Indentifikationslinie, die ihm diese 
Gewissheit darbietet nicht
übereinstimmen kann. 

Es ist vielmehr deren leerer Rest.

Unspektakulär sei angemerkt: 
das pflegerische Ereignis ist oft 
das erste reale Erleben, 
dass in der moderne Konsumwelt 
den Zuschauer fatal aus der Tiefschlaf 
seiner ereignisloser, 
eingefrorener Zeit weckt - 
und das nicht immer sanft und selig.

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